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Von Dekarbonisierung bis KI: MAN Energy Solutions Weg zur Digitalisierung

Gabriela Schreiber 10. Juni 2024
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Wir haben mit Michele Cagna, Head of Supply Chain Zurich bei MAN Energy Solutions, über die strategischen Schritte zur digitalen Transformation gesprochen. Erfahren Sie, wie das Unternehmen Dekarbonisierung und Digitalisierung als Hauptsäulen verankert und innovative Technologien wie die CEON-Plattform und KI in der Produktion einsetzt.

Können Sie die wichtigsten strategischen Schritte beschreiben, die Ihr Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Transformation hin zu einem High-Tech-Unternehmen eingeleitet hat? Welche Prioritäten haben Sie dabei gesetzt?

Michele Cagna: Der wichtigste Schritt auf dem Weg zur digitalen Transformation erfolgte vor sechs Jahren. Wir haben die Dekarbonisierung und die Digitalisierung als Hauptsäulen unserer übergeordneten Unternehmensstrategie verankert. Dieses wichtige Bekenntnis bildete die Grundlage für alle nachfolgenden Schritte. Durch die Gründung eines «Group Digital»- Bereichs mit Fachexperten, die sich ausschliesslich um digitale Projekte kümmern, haben wir einen erheblichen Qualitäts- und Geschwindigkeitssprung in der digitalen Transformation erzielt.

Mittlerweile hat sich die digitale CEON-Plattform zur Überwachung unserer Maschinen im Unternehmen und bei unseren Kunden etabliert. Das System integriert Datenanalysen, maschinelles Lernen und prädiktive Technologien für die Echtzeitüberwachung, Leistungsoptimierung und Unterstützung bei Wartungen unserer Turbomaschinen. Unsere Technologielösungen sind heute mit virtuellen Sensoren ausgestattet, die diese Einbindung in die digitale Welt ermöglichen. Die Digitalisierungsreise geht weiter: Wir haben ein Team gegründet, der auf KI in der Anlagenüberwachung und -steuerung spezialisiert ist, sowie eine Expertengruppe für Cyber-Security, um die notwendige Sicherheit in einer vernetzten Umgebung zu gewährleisten.

 

Welche Prioritäten haben Sie bei der Digitalisierung in der Produktion gesetzt?

Michele Cagna: In unserer Produktion haben wir unser Planungssystem weiterentwickelt und verfolgen zwei zentrale Ansätze: die stärkere Einbindung und Vernetzung unserer Lieferanten und die Automatisierung von Routine-Planungstätigkeiten durch KI. Beide Initiativen tragen zur Optimierung unserer Produktionsprozesse bei. Zum einen ermöglicht die Vernetzung mit Lieferanten über die wayCloud-Plattform eine reibungslose Kommunikation und Zusammenarbeit, was zu einer effizienteren und zuverlässigeren Lieferkette führt. Zum anderen hilft die Anwendung von KI dabei, Routineaufgaben zu automatisieren, wodurch Zeit gespart und die Planung präziser und flexibler gestaltet werden kann.

Weiterhin haben wir die CAD-CAM Kette digitalisiert, sodass die Modelle aus dem Engineering über die Programmierung auf die Werkzeugmaschine gelangen. Durch die Einbindung eines digitalen Werkzeugmanagements und eines digitalen Abbildes der Werkzeugmaschine können vor der Bearbeitung Simulationen durchgeführt werden, was die Fehlerquoten reduziert.

Ein weiteres Element der Digitalisierung in der Produktion ist die Erfassung der Maschinendaten, was uns Transparenz über deren Auslastung bzw. entsprechende Stillstände gibt. Dies ist ein Feld, das wir weiterentwickeln möchten, indem wir die Maschinendaten auch für die vorbeugende Instandhaltung nutzen.

Letztlich nutzen wir auch die Möglichkeiten, die uns Office365 bietet, indem wir kontinuierlich daran arbeiten, die Erfassung von Daten auf dem Shopfloor, z.B. über Power Apps und Power Automate, zu digitalisieren. Dies erfolgt durch Kolleg:innen aus der Produktion für die Produktion. Das hat zum einen den Vorteil, dass diejenigen, welche den Prozess am besten kennen, auch die Software bzw. App erstellen, und zum anderen, dass die Akzeptanz der Lösung gefördert wird, weil sie von einem Mitarbeitenden aus den eigenen Reihen erstellt wurde. Nebenbei vermitteln wir auf diese Art auch Kompetenzen rund um das Thema Digitalisierung.

Eine Herausforderung bleibt die Anbindung von Systemen an unsere ERP-Software (Enterprise Resource Planning) sowie das Ausrollen digitaler Tools in den Produktionshallen, wo nicht alle Mitarbeitenden über entsprechende Endgeräte verfügen.

 

Auf welche spezifischen Geschäftsbereiche fokussiert MAN Energy Solutions bei der Digitalisierung und warum?

Michele Cagna: Wir fördern die Digitalisierung in all unseren Geschäftsbereichen. Dabei liegt der Fokus darauf, unseren Kunden innovative Technologielösungen und intelligente digitale Dienstleistungen anzubieten und gleichzeitig unsere eigenen Prozesse zu optimieren.

 

Können Sie Beispiele nennen, bei denen Ihr Unternehmen seine Ziele in Bezug auf die digitale Transformation bereits erreicht hat oder auf gutem Weg ist, diese zu erreichen?

Michele Cagna: Ganz dem Credo «Design for Digital» folgend, werden unsere Technologielösungen von der Entwicklungsphase an so konzipiert, dass sie nahtlos in die digitale Welt integriert werden können. Unsere Turbomaschinen sind mit digitalen Hardwarekomponenten ausgestattet, welchen den Fernzugriff auf die Maschinensteuerung ermöglichen sowie Betriebs- und Sensordaten sammeln und diese in Echtzeit auswerten. Mithilfe des digitalen Service-Tools PrimeServ Assist können diese relevanten Daten analysiert, ausgewertet und zum Nutzen unserer Kunden eingesetzt werden. Auf dieser soliden Grundlage haben wir schon grosse Errungenschaften erzielt.

So haben wir beispielsweise während der Corona-Zeit die weltweit erste fernüberwachte Inbetriebnahme eines komplexen Kompressorstrangs in einer Salpetersäureanlage für die Düngemittelproduktion in Usbekistan erfolgreich durchgeführt. Das war ein grosser Meilenstein in der Industrie. Zudem werden wir nächstes Jahr hochdigitalisierte Kompressorsysteme für die erste komplett unbemannte und ferngesteuerte Gasplattform Norwegens liefern. Unsere Technologien kommen oftmals an Orten zum Einsatz, die extremen Bedingungen standhalten müssen und nicht leicht zu erreichen sind – zum Beispiel vor der Küste Westaustraliens 1'400 Meter unter Wasser. Der automatisierte, ferngesteuerte Betrieb von Turbomaschinen ist daher keine ferne Zukunftsmusik, sondern bereits greifbare Wirklichkeit.

 

Haben Sie Massnahmen ergriffen, um Ihre Unternehmenskultur und die Kompetenzen Ihrer Mitarbeitenden an die Anforderungen der digitalen Transformation anzupassen?

Michele Cagna: Es ist wichtig, den Nutzen der Digitalisierung aufzuzeigen und Vertrauen zu schaffen. Zu diesem Zweck bieten wir Schulungen an, um die digitalen Kompetenzen unserer Mitarbeitenden zu stärken. Zudem haben sich abteilungsübergreifende Communities gebildet, die sich mit Digitalisierungsthemen befassen. Diese Initiativen helfen dabei, unsere Mitarbeitenden auf die Anforderungen der digitalen Transformation vorzubereiten und den kulturellen Wandel zu begleiten.

 

Das Interview wurde mit Michele Cagna, Head of Supply Chain Zurich bei MAN Energy Solutions geführt.

Gabriela Schreiber

Redaktorin
g.schreiber@swissmem.ch

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